115 Jahre Sedimentation in der Urftalsperre
Die Sedimente des Urftsee stellen ein einzigartiges Archiv für den Einfluss des Menschen auf die spätholozäne Sedimentzusammensetzung dar. Grund dafür ist, dass es in dem See in den letzten 115 Jahren zu einer fast ungestörten Ablagerung der Sedimente kam. Aufgrund von Bauarbeiten an der Urftstaumauer und der Inspektion des 2,7 km langen Kermeterstollen, über den das Wasserkraftwerk Heimbach angetrieben wird, wurde der Stausee im November 2020 fast vollständig abgelassen. Dies bot die seltene Gelegenheit die Ablagerungen detailliert zu beprobensowie den gesamten Stauraum mittels einem unbenanntem, umgangssprachlich meist als Drohne bezeichneten, Luftfahrzeug (auch UAS für Unmanned Aircraft System) photogrammetrisch zu erfassen. Die Arbeiten erfolgten in Zusammenarbeit mit dem Wasserverband Eifel Rur (WVER).
Die Urftstaumauer wurde in den Jahren 1900 bis 1905 nach den Plänen des Aachener Ingenieurs Otto Intze erbaut. Zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme war der Urftstausee der größte Stausee und trieb mit 12 MW das leistungsstärkste Wasserspeicherkraftwerk Europas an. Der Stausee hat eine Länge von 12 km und verfügt im Vollstau auf einer Fläche von 2,16 km² über ein Volumen von 45,51 Mio. m³. Der wichtigste Zufluss ist der Fluss Urft. Heutzutage ist der Urftsee vollständig vom Nationalpark Eifel umschlossen.
Im Rahmen des Projektes sollen die Ablagerungen im Stausee sedimentologisch untersucht werden. Dabei werden geochemische Marker genutzt, um den anthropogenen Einfluss auf die Sedimente in Form von bergbaulich induzierten Schadstoffkontaminationen (z.B. Schwermetalle) zu quantifizieren und mit der Nutzungshistorie im Einzugsgebiet in Verbindung zu setzen. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Erfassung des Mikroplastikgehaltes der unterschiedlichen Sedimentschichten sein. Da Mikroplastik mit Beginn der Massenproduktion um 1950 erst die letzten 70 Jahre durch den Menschen in das natürliche System eingetragen wurde, können die Sedimentschichten so auch zeitlich differenziert werden. Hierbei zeigt der Nachweis von Mikroplastik in einer Sedimentschicht eine Ablagerung nach 1950. Zusätzlich kann die Sedimenttiefe auf den Referenzzeitraum von 70 Jahren angewandt werden und gibt somit Hinweise auf eine mögliche, punktuelle Sedimentationsrate. Für diese Untersuchungen wurden insgesamt sieben Sedimentkerne aus den Ablagerungen gezogen.
Aus den Aufnahmen der Befliegungen werden sowohl detaillierte Luftbildkarten als auch hochauflösende Geländemodelle erstellt. Die Geländemodelle ermöglichen es uns wiederum im Vergleich mit historischen topographischen Aufnahmen das Sedimentvolumen sowie den veränderten Stauraum der Talsperre zu ermitteln.
Publikationen
Stauch, G., Dörwald, L., Esch, A., Walk, J., 2024. 115 years of sediment deposition in a reservoir in Central Europe: Topographic change detection. Earth Surface Processes and Landforms 49, 582–600. https://doi.org/10.1002/esp.5722
Projektteam
- Projektleitung:
Univ.-Prof. Dr. Georg Stauch (JMU)
A. Esch (WVER) - Sedimentologie und Geochemie:
Dr. P. Schulte (PGG) - Mikroplastik:
C. Schwanen (EMR) -
Photogrammetrische Erfassung und Geländemodelle:
L. Dörwald (PGG)
Dr. J. Walk (PGG)