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Earth Observation Research Cluster

Fernerkundungsbasierte Erhebung der Versiegelung in Bayern

Sowohl im Freistaat Bayern als auch bundesweit ist seit Jahrzehnten ein stetiger Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsflächen zu verzeichnen. Mit dieser Entwicklung eng verknüpft – allerdings keineswegs gleichzusetzen – ist ein kontinuierlicher Anstieg der Bodenversiegelung. Die mit einer Umwidmung in Siedlungs- oder Verkehrsflächen einhergehende teilweise Abdichtung des Bodens führt dabei unweigerlich zu einem irreversiblen Verlust seiner bisherigen ökologischen, geschichtlichen und ertragsbezogenen Funktionen. Die Versiegelung verringert die natürliche Verdunstung und die Versickerung von Niederschlägen. In den Städten führt die Versiegelung durch Aufheizung, Verringerung der Luftfeuchte und eine verstärkte Staubentwicklung zu einer negativen Veränderung des lokalen Klimas.

Vor dem Hintergrund der erwähnten Folgen sind die Quantifizierung der Bodenversiegelung sowie die Erfassung von deren zeitlicher Entwicklung unverzichtbar für eine differenzierte Diskussion über die Folgen einer kontinuierlichen Flächeninanspruchnahme. Aktuell steht jedoch keine Methodik beziehungsweise Datenbasis zur flächendeckenden und fortschreibbaren Erfassung der Bodenversiegelung zur Verfügung.

Im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) übernimmt der Lehrstuhl für Fernerkundung des Instituts für Geographie und Geologie der Universität Würzburg daher eine landesweit einheitliche und objektive Erhebung der Versiegelung mit hohem räumlichen Detaillierungsgrad. Grundlage ist eine Methodik zur weitestgehend automatisierten, bayernweiten Kartierung der Flächenversiegelung auf Basis von Satellitenaufnahmen und Daten aus dem Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystem (ATKIS). Ausgehend von dieser Datengrundlage wurden für das Jahr 2015 der

a) Versiegelungsgrad der Siedlungs- und Verkehrsfläche sowie die
b) versiegelte Siedlungs- und Verkehrsfläche pro Einwohner

für den Freistaat Bayern und seine administrativen und raumstrukturellen Teilräume (Gemeinden, Landkreise, Regierungsbezirke, Planungsregionen, Gebietskategorien des Landesentwicklungsprogramms Bayern) ermittelt und mit den Daten des Jahres 2000 aus dem Vorgängerprojekt verglichen. Der im Kontext dieser Studie angewandte Ansatz beruht auf einem halbautomatisierten Verfahren, das zunächst über Techniken der digitalen Bildanalyse eine Modellierung von Versiegelungsgraden mittels multispektraler Satellitendaten vollzieht. Dabei wird eine geringe Anzahl räumlich höchstauflösender Luftbilddaten mit sehr begrenzter flächenhafter Abdeckung genutzt, um räumlich geringer aufgelöste Landsat-Szenen mit bedeutend höherer Flächenabdeckung für die Erfassung von Versiegelungsgraden zu trainieren. Die hohe räumliche Abdeckung der Landsat-Aufnahmen ist die entscheidende Voraussetzung für eine kostengünstige Kartierung großer Flächen.
Ein besonderer Vorzug des fernerkundlichen Ansatzes liegt in dem für eine flächendeckende Auswertung vergleichsweise hohen räumlichen Detaillierungsgrad. Dadurch ist es möglich, die Struktur und Verteilung der versiegelten Flächen selbst innerhalb von Ortslagen, aber auch in Bezug auf beliebige administrative oder raumstrukturelle Einheiten detailliert zu beschreiben. Das Verfahren ist zudem so ausgelegt, dass es die Nutzung höher aufgelöster Satellitendaten - gegebenenfalls sogar von Luftbildern - ermöglicht. Folglich kann der räumliche Detaillierungsgrad bei Bedarf weiter gesteigert werden, was gerade für kommunale Anwender von Interesse sein dürfte. Ferner wird die Versiegelung für jeden Bildpunkt auf der Grundlage eines identischen Regelwerks berechnet. Dadurch ist gewährleistet, dass sämtliche regionalen Charakteristika erfasst und entsprechend in den Daten abgebildet werden.

Mit dem Ergebnis der Studie werden nun erstmals für ein gesamtes Bundesland inklusive der untergeordneten Raumebenen konkrete Daten zur Veränderung der im Zeitraum 2000 – 2015 Versiegelungssituation bereitgestellt. Dadurch erfährt die Diskussion um die Flächeninanspruchnahme eine qualitative Aufwertung.

Publikationen:

Esch, T., Schorcht, G., Thiel, M. (2007): Satellitengestützte Erfassung der Bodenversiegelung in Bayern. Broschüre des Bayerischen Landesamts für Umwelt (Hrsg.). ISBN (Druck-Version): 978-3-940009-24-1, ISBN (Online-Version): 978-3-940009-25-8. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Augsburg, 2007. 16 Seiten. (PDF)

Esch, T., Himmler, V., Schorcht, G., Thiel, M., Conrad, C., Wehrmann, T., Bachhofer, F., Schmidt, M., and Dech, S. (2009): Large-area assessment of impervious surface based on integrated analysis of single-date Landsat-7 images and geospatial vector data, Remote Sensing of Environment 113, 1678-1690.

Links:

Bayerisches Landesamt für Umwelt - Flächenmanagement

Kontakt: Dr. Michael Thiel