Emissionsquellen aus Satellitendaten für eine verbesserte Vorhersage des Pollenflugs in Bayern (ESPE)
- Themen: Umweltmedizin, Digital Health, Waldmonitoring, Forstwirtschaft
- Studienstandort: Bayern
- Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
- Kontakt: Michael Thiel, Insa Otte, Thorsten Dahms
Motivation:
Aktuell leiden über 20 % der Erwachsenen und 15 % der Kinder und Jugendlichen an einer allergisch-atopischen Erkrankung. Das umfasst in Bayern etwa 2 Mio. Erwachsene und 300.000 Kinder und Jugendliche. Dabei sind etwa 80 % aller Allergiker Pollenallergiker. Diese Erkrankungen verursachten in Bayern im Jahr 2013 Gesamtkosten von etwa 600 Mio. Euro. Ziel der Bayrischen Staatsregierung ist daher eine valide und praktikable Pollenflugvorhersage, welche sowohl durch eine möglichst hohe räumliche Auflösung als auch durch eine möglichst frühzeitige Vorhersage charakterisiert ist.
Das Aufkommen von allergieauslösenden Pollen wie von Gräsern und Bäumen kann mit verschiedenen raumbezogenen nummerischen Modellen basierend auf Wetter- und Satellitendaten vorhergesagt werden. Die Vorhersagegüte der existierenden Vorhersagemodelle ist derzeit sehr grob, was die räumliche Auflösung der Modellergebnisse angeht.
Das Projekt ESPE sieht vor, durch die Einbindung aktueller hochaufgelöste Wald- und Offenlandkarten Bayerns in Vorhersagemodelle die Pollenflugmodellierung zu optimieren.
Hierfür werden frei verfügbare satellitenbasierte Erdbeobachtungsdaten der Copernicus Sentinels und innovative „Data Cube“ Geodateninfrastrukturen genutzt.
Ziel des Projekts:
Die Modellierung des Pollenflugs von Gräsern und Bäumen basiert aktuell auf einem Temperatursummen-getriebenen, Art-spezifischen Modell („SILAM“ Modell des Finish Meteorological Institute), welchem eine Grünland- und Waldkarte in 1 km Auflösung zu Grunde liegt. Dieser Ansatz kann durch verschiedene fernerkundungsbasierte Inputdaten verbessert werden.
Durch eine kleinräumige und stets aktuelle Abgrenzung der Emissionsquellen von allergieauslösenden Pollen kann die Vorhersagegenauigkeit von Pollenflugmodellen verbessert werden. Daten- und Forschungsbedarf konnte insbesondere in Bezug auf räumlich hoch aufgelöste (<30 m) Waldtypenkarten sowie zeitlich differenzierte Nutzungstypen und Nutzungsdynamiken im Dauergrünland identifiziert werden, um die Erfassung von lokalen Pollenemissionsquellen von Wäldern und Dauergrünland zu optimieren. Folgende drei inhaltlichen Ziele werden im Projekt realisiert:
1. Verbesserung der Basiskartierung der aktuellen Verteilung von Grünland und Waldbeständen unter Verwendung der Copernicus Sentinel-2 Satellitendaten für den Freistaat Bayern.
2. Optimierung der fernerkundungsbasierten Erfassung von Waldtypen und Dauergrünlandflächen unter Einbezug der Nutzungsdynamik als Emissionsquellen des Pollenflugs.
3. Potentialanalyse zur Verbesserung der Pollenflugvorhersage durch die Integration von thematisch und räumlich hoch aufgelösten Landbedeckungsinformationen mit in-situ Messungen und Pollenflugmodellen.
Innovativer Ansatz in ESPE
Cloud-basierte Geodateninfrastrukturen zum Management großer Satellitendatenmengen wie Earth Observation Data Cubes bilden die nächste Generation der Datenanalyse und Visualisierung. Daher werden in diesem Projektvorhaben eine Infrastruktur bereitgestellt werden, welche im wissenschaftlichen Kontext zur Methodenentwicklung und in verschiedenen Nutzergruppen und Anwendungsfeldern gleichermaßen zur Anwendung kommt.
Das PhenoCube-Projekt zielt darauf ab, eine innovative Datenanalyse-Infrastruktur für die Verwendung und Auswertung von Erdbeobachtungsdaten zu schaffen, um Behörden und Wissenschaftsinstitutionen bei der Analyse phänologischer Phänomene (Beginn, Ende und Länge von Vegetationsperioden und nutzungsspezifische phänologische Zeitpunkte) zu unterstützen. Durch den Aufbau eines Data Cubes soll die Datenanalyse erleichtert und der Aufwand für die Benutzer gesenkt werden, indem die Datenverteilung rationalisiert und gleichzeitig die technischen Barrieren bei der Verwaltung großer Datenmengen gesenkt wird. Dadurch können wissenschaftliche Expertisen, die für den Zugriff und die Aufbereitung von EO-Daten benötigt werden, signifikant reduziert werden. Der Endnutzer muss sich nicht mit der technischen Komplexität der Daten befassen, sondern kann sich auf die Anwendung konzentrieren.
Um benutzerorientierte Satellitenbildanalysen zu ermöglichen wird eine Data Cube Infrastruktur aufgebaut, die dem Nutzer einfachen Zugriff auf Satellitendaten ermöglicht, und eine benutzerfreundliche Weboberfläche entwickelt, die dem Anwender vollständig browser-basierte Geoprozessierung ermöglicht. Über diese Weboberfläche kann der Nutzer auf Satellitendaten zugreifen, die bereits vorprozessiert (Atmosphärenkorrektur, Cloud-Filterung, Pixelausrichtung) und in einer Form organisiert wurden, die eine sofortige Analyse mit einem Minimum an zusätzlichem Benutzeraufwand ermöglicht. Ziel ist der Aufbau eines Archivs aus Landsat-, Sentinel- und MODIS-Zeitreihen, die je nach Anforderung der Nutzer um weitere Produkte erweitert werden können. Dies erfordert die Entwicklung eines Verfahrens zur routinemäßigen Generierung der analysebereiten Daten, um sicherzustellen, dass alle in einem Data Cube gespeicherten Beobachtungen konsistent und vergleichbar sind. Es wird ein automatisierter Aktualisierungsvorgang integriert, der regelmäßig alle neu verfügbaren Szenen prozessiert und in den Data Cube integriert. Ein weiterer Aspekt ist die Entwicklung anwender-spezifischer Algorithmen zur Generierung nützlicher Informationsprodukte zur Unterstützung des Vegetationsmonitorings. Je nach Bedarf werden diese dann in das Webinterface integriert oder die daraus enstehenden Produkte direkt in den Data Cube gespeist. Um Datenzugriff und rechenintensive Analysen für den Nutzer zu ermöglichen, wird in Kooperation mit dem Leibniz Rechenzentrum (LRZ) eine Server-Infrastruktur aufgebaut, die eine Kombination aus großen Speicherkapazitäten, leistungsstarken Computern und interoperablen Standards bietet. Ziel ist es, ein skalierbares, konsistentes, flexibles und effizientes System zu entwickeln, das dem Anwender ermöglicht, über das Internet Daten effizient zu analysieren.
Folgende Ziele werden dabei erreicht:
- Entwicklung einer Datenanalyse-Infrastruktur für die Verwendung und Auswertung von Erdbeobachtungsdaten im öffentlichen Sektor
- Aufbereitung von analysefertigen „analyses ready“ EO-Daten zum Vegetationsmonitoring
- Nutzbarmachung historischer Landsat Aufnahmen mit Copernicus Daten zum Vegetationsmonitoring
- Entwicklung nutzerfreundlicher web-basierter Analyse- und Visualisierungstools zum Vegetationsmonitoring